Die Enthüllungszeitung „Le Canard Enchaîné“ spottete bereits, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verbringe seinen Sommerurlaub an der „Côte d'Impopularité“ - der „Küste der Unbeliebtheit“. Nach drei Monaten im Élyséepalast sind die Umfrage-Zahlen für den Staatschef alarmierend. Nur 36 bis 37 Prozent der Franzosen sind laut Meinungsforschern zufrieden mit seiner Zwischenbilanz. Damit schneidet er schlechter ab als sein krachend gescheiterter Vorgänger François Hollande zur gleichen Zeit.
Macrons Beliebtheitswerte waren im Juli bereits um bis zu 10 Prozentpunkte gefallen. Zu seinem 100. Amtstag an diesem Montag ist klar: Der Gipfelsturm des sozialliberalen Polit-Jungstars ist vorerst vorbei - stattdessen muss er sich nun durch die Mühen der Ebene kämpfen. Unpopuläre Reformen und Kommunikationspannen kratzen am Image, zugleich wird die Kritik am Stil des 39-Jährigen lauter. Und nach der Sommerpause warten konfliktträchtige Großbaustellen, die über das Schicksal von Macrons Präsidentschaft entscheiden könnten.
Vor einigen Wochen schien es noch, als gelinge Macron alles - der „Economist“ ließ ihn auf seiner Titelseite sogar über Wasser laufen. In der Außenpolitik inszenierte Macron sich geschickt als starker Mann, der selbst mit noch so schwierigen Gesprächspartnern wie Donald Trump und Wladimir Putin umzugehen weiß. Mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beschwor er neuen Elan für Europa. Was ist passiert?
Wirtschaftspolitische Pläne von Emmanuel Macron
Die Unternehmenssteuer soll von derzeit 33 auf 25 Prozent gesenkt werden. Die Steuergutschrift für Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung (CICE) soll umgewandelt werden in eine dauerhafte Entlastung für Arbeitnehmer mit niedrigen Löhnen.
An der 35-Stunden-Woche soll festgehalten werden. Allerdings könnte sie flexibler geregelt werden, indem Betriebe über die tatsächliche Arbeitszeit mit ihren Beschäftigten verhandeln.
Sie sollen von bestimmten Sozialabgaben befreit werden. Dadurch könnten Niedriglohnempfänger einen zusätzlichen Monatslohn pro Jahr in ihren Taschen haben.
Binnen fünf Jahren sollen 50 Milliarden Euro an öffentlichen Geldern investiert werden. 15 Milliarden Euro davon sollen in bessere Aus- und Weiterbildung gesteckt werden, um die Einstellungschancen von Jobsuchenden zu verbessern. Ebenfalls 15 Milliarden Euro sind geplant, um erneuerbare Energien zu fördern. Weitere Milliarden sind für die Landwirtschaft, die Modernisierung der öffentlichen Verwaltung, für Infrastruktur und Gesundheitswesen geplant.
60 Milliarden Euro an Einsparungen sind bei den Staatsausgaben vorgesehen, die in Frankreich traditionell hoch sind. Zehn Milliarden Euro soll der erwartete Rückgang der Arbeitslosenquote von derzeit etwa zehn auf sieben Prozent bringen, indem die Ausgaben für Arbeitslosengeld sinken. Durch eine verbesserte Effizienz soll das Gesundheitswesen zehn Milliarden einsparen, weitere 25 Milliarden Euro die Modernisierung des Staatsapparates.
In Gegenden mit niedrigem Einkommen soll die Schülerzahl auf zwölf pro Klasse begrenzt werden. Lehrer sollen als Anreiz für eine Arbeit in solchen Regionen einen Bonus von 3000 Euro pro Jahr bekommen. Mobiltelefone in Schulen sollen für Kinder bis 15 Jahren verboten werden. Alle 18-Jährigen sollen einen Kulturpass im Wert von 500 Euro erhalten, den sie beispielsweise für Kino-, Theater- und Konzertbesuche ausgeben können.
Nach der gewonnenen Parlamentswahl im Juni ist Macron an die Arbeit gegangen: Strukturreformen sollen Frankreich wirtschaftlich fit machen und die hohe Arbeitslosigkeit bekämpfen. Doch weil es nun konkret wird, bietet er auch neue Angriffsflächen. Und zugleich gaben die Parlamentsneulinge seiner jungen Partei La République En Marche teils ein chaotisches Bild ab.
„Die Bilanz ist tatsächlich extrem dünn: 100 Tage übertriebener Kommunikation und sehr wenige konkrete Maßnahmen“, lästerte der prominente konservative Abgeordnete Eric Ciotti. Regierungssprecher Christophe Castaner versicherte dagegen, die ersten Monate hätten „die Grundlagen für einen tiefen Umbau unseres Landes“ gelegt“, den Macron im Wahlkampf versprochen hatte.
Für Streit sorgte etwa der Sparkurs der Regierung. 4,5 Milliarden Euro müssen in diesem Jahr gekürzt werden, um die europäische Defizitgrenze einzuhalten. Zwar verspricht Premier Edouard Philippe den Bürgern Milliarden-Steuererleichterungen - aber erst für 2018. Und zugleich rechneten Experten vor, dass diese den wohlhabendsten zehn Prozent der Franzosen am meisten zugute kommen.
Streit ums Geld führte auch zu einem der größten Aufreger: dem Rücktritt des Generalstabschefs Pierre de Villiers. Macron hatte ihn öffentlich abgekanzelt, als der General Kürzungen beim Militärbudget kritisiert hatte: „Ich bin Ihr Chef“. Öl ins Feuer von Kritikern, die Macron vorwerfen, aus dem Élysée alles kontrollieren zu wollen.