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Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Städte können Fahrverbote verhängen

Das Bundesverwaltungsgericht hält Diesel-Fahrverbote in Städten für grundsätzlich zulässig. Eine bundesweite Regelung sei dafür nicht nötig.
Foto: Markus Schreiber/ AP

Der Weg für Fahrverbote ist frei: Künftig können Städte, in denen die Grenzwerte für Stickoxide nicht eingehalten werden, Dieselautos aussperren. Solche Fahrverbote könnten auch ohne eine bundesweit einheitliche Regelung umgesetzt werden, entschied das Bundesverwaltungsgericht. Ob sie Fahrverbote einführen, entscheiden die örtlichen Behörden nun selbst.

Millionen Dieselfahrer könnten demnach bald nicht mehr unbegrenzt in Ballungsräume mit hoher Luftbelastung einfahren. Das Urteil sieht allerdings auch Übergangsfristen vor. So seien in Stuttgart Fahrverbote für Euro-5-Fahrzeuge nicht vor dem 1. September 2019 möglich.

Ausnahmegenehmigungen sind möglich

Es soll auch Ausnahmeregelungen geben, beispielsweise für Handwerker. Eine finanzielle Ausgleichspflicht gegenüber betroffenen Dieselfahrern gebe es jedoch nicht: "Gewisse Wertverluste sind hinzunehmen", erklärte der Vorsitzende Richter Andreas Korbmacher.

Solche Fahrverbote könnten verhältnismäßig gestaltet und umgesetzt werden, erklärten die Richter. Die beklagten Städte Stuttgart und Düsseldorf müssten aber ihre Luftreinhaltepläne auf Verhältnismäßigkeit prüfen.

Geklagt hatte die Deutsche Umwelthilfe

Ursprünglich hatte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) gegen die Luftreinhaltepläne der Städte Düsseldorf und Stuttgart geklagt. Die örtlichen Verwaltungsgerichte hatten entschieden, dass die Städte ihre Luftreinhaltepläne verschärfen und dabei auch Fahrverbote in Betracht ziehen müssen.

Gegen diese Urteile gingen die Landesregierungen von Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen in Revision. Ihrer Auffassung nach brauche es eine bundesweite Rechtsgrundlage für örtliche Fahrverbote. Diese Auffassung wiesen die Richter in Leipzig nun zurück. Auch eine Vorlage beim Europäischen Gerichtshof sei nicht nötig, erklärten die Richter.

Die Reaktionen auf das Urteil fielen unterschiedlich aus. Die Deutsche Umwelthilfe, auf deren Klage das Urteil zurückgeht, wertete es als Niederlage für die Bundesregierung. "Wir erleben hier ein Debakel für die Regierungspolitik der großen Koalition, die sich eindeutig auf die Seite der Autoindustrie geschlagen hat", erklärte DUH-Chef Jürgen Resch.

Im Video: Jürgen Resch - Dieseljäger Nummer 1

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Merkel rechnet nur mit begrenzten Folgen

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rechnet dagegen nur mit begrenzten Folgen. "Es geht um einzelne Städte, in denen muss noch mehr gehandelt werden", so die Kanzlerin. Es gehe nicht wirklich um die gesamte Fläche und alle Autobesitzer in Deutschland, so Merkel weiter.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund bezeichnete es dagegen als "Irrglauben", dass durch das Urteil eine Lösung für das Schadstoffproblem gefunden sei. Es sei ein falscher Eindruck, dass sich die Stickoxid-Belastung in den Städten durch möglichst viel Regulierung reduzieren lasse, so Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg.

Kein Zusammenbruch des Gebrauchtwagenmarkts

Das Bundesverwaltungsgericht sieht bei Fahrverboten keinen Anspruch auf Schadensersatz: "Ein zeitlich gestaffelt eingeführtes Verbot auch für Inhaber einer grünen Plakette scheitert nicht an einer fehlenden Entschädigungsregelung." Eine finanzielle Ausgleichspflicht gebe es nicht. Außerdem sei nicht von einem Zusammenbruch des Diesel-Gebrauchtwagenmarktes auszugehen.

Der Auto Club Europa (ACE) rät dennoch vom Kauf gebrauchter Euro-5-Diesel ab - es sei denn, die Kunden rüsten mit Hardware nach. Nur dann könne man uneingeschränkt in Städte fahren. Doch auch die Käufer von Neuwagen sind betroffen, sie sollten sicherheitshalber einen Diesel mit der neuen Abgasnorm Euro 6d wählen.

Anm. d. Red.: Ursprünglich hieß es im Text, die Übergangsfrist in Stuttgart gelte bis zum 1. September 2018. Tatsächlich gilt diese Frist bis zum 1. September 2019.

ene/Reuters/dpa